Die Wiederauer Johannis-Kirche


Kirche Wiederau Außenansicht
Unsere Kirche steht auf einer kaum merklichen Erhebung inmitten eines sehr alten Siedlungsgebietes, der Keimzelle des aus einem altsorbischen Dorfweilers und Sackgassendorfes um und nach den Jahren 600 / 650 in seiner heutigen Form entstandenen alten Dorfanlage.
Hier in der fruchtbaren Auelehmlandschaft am Fluss >alistr, alstr, alstra< , ol – der Fließende - siedelten bereits Menschen der Alt-, Mittleren und Jungsteinzeit, der Bronze- und Eisenzeit, deren Häuser und Gräber sich um das Kirchenareal, im Pfarrgarten, auf dem sog. Menge´schen Garten und besonders auf einer mehr als 50 Hektar anschließenden großen Fläche, dem >Baalse< erstrecken. Dieser Name soll aus dem Keltischen stammen: „ >bet< Hügel, grab oder bolz< -grab- heißen“, dieses aber ist nach neuern Forschungen sehr zu bezweifeln.
Auch der Volksstamm der Hermunduren, die Urthüringer, siedelten nachweislich mehr als
5 Generationen im 5. und 6. Jhd., bis sie plötzlich von hier verschwanden. Dieses kann im Zusammenhang mit ihrer verlorenen Schlacht bei Burgscheidungen an der Unstrut im Jahre 531 stehen, wo sie von dem Volksstämmen der Franken und Altsachsen aufgenommen, und schließlich assimiliert wurden. Schließlich finden wir hier für mehrere Jahrhunderte das fleißig schaffende Bauern-, Feld-, Wiesen- und Waldwirtschaft, Fischfang und Handel treibende Volk der Altsorben. Sie gaben den Familien und den Fluren nach deren Eigenschaften bezeichnete Namen, wie >smorda< -Diener, >tschornse< schwarz, schwarzes Wasser, (schlammig)- , einem ehemaligen Teich und Graben, an der heutigen Stelle des Sportplatzes.

Unsere Kirche wurde nicht von >lo< -Lohe, dann Hohenlohe- aus begründet. Diese hier in der Umgegend urkundlich älteste Mutterkirche begründete aber die Kirche zu > moschiz – storuwiz major -Großstorkwitz- , denn in den Urkunden von 1119 / 1166 / 1233 steht: „ecclesia, tanquam matri filia subjecta“ – die Kirche, welche als Tochter der Mutterkirche zugehörig- ist. Irgendeine Beziehung zu „Wiederau“ wurde in den betreffenden Urkunden nie, auch nicht anklingend, auch nicht im geografischen Sinne, erwähnt.

In Wiederau soll angeblich um 1110 / 1125 eine Kapelle existiert haben, die im Einfluss des Kloster Pegau stand bzw. von diesem bedient wurde.

Als der Namengeber unserer Kirche ist Johannes der Täufer anzusehen, da er einer der beiden Schutzheiligen des Bistums Merseburg ist.

Schließlich findet sich in der Urkunde des Hochstifts Merseburg vom 1. aprilis AoD 1305 6) unser erster Geistlicher der Kirche St. Johannis >magistrus theodericus plebanus in widerowe< >spr. widder(h)owe < ein, der als Zeuge für eine Schenkung von 40 Joch Holz in >Gorbuz< -Gorbitz- (wüstes Dorf, ehemals zwischen Dösen und Probstheida gelegen 7)- an das St. Thomaskloster zu >lipska< -Leipzig- genannt wird und mit >..curie iure et alji pluribus fide dignus..< segnend mit bezeugt. Diese Urkunde nennt damit eindeutig den Ortsnamen im Personennamen des Magister Theodericus, den Geistlichen in Wiederau, da gab es unsere Kirche bereits. (So hätte dieses Jahr 2005 Wiederau seine 700-jährige urkundliche Erwähnung)
Die kirchlichen Interessen zwischen Wiederau und St. Thomas begründeten sich offensichtlich durch das Eigentum von St. Thomas am angrenzenden Mückenhayn, dem wüsten Dorf, wo heute die Abwasseranlagen stehen.
Der Ortsname wurde in urkundlich überlieferten Personennamen im Jahr 1360 als > wedera<
(spr. wäddera) und 1377 als >wideraw< (spr. widderow) genannt.

St. Johannis war ursprünglich eine romanische Chorturmkirche mit niedrigem viereckigen Turm und mit rechteckigem Kirchenschiff als Vorgängerbau. Der älteste Teil ist eindeutig die Sakristei, ihre im Halbrund gegründete Apsis auf der Ostseite, „...in welcher sich noch eine tiefe mit Eisen gesicherte Mauernische erhalten hat, die einst zur Aufbewahrung des geweihten Öles, des Balsams ect. diente. ...“
Der noch so zu erkennende, viereckige niedrige Turmvorgängerbau mit seinen außen befindlichen schrägen Stützmauern trug die beiden Glocken, die große „GLORIA S. MARIAE“ von 1507 und ihre von Peter Mylich in Zwickau 9) gegossene Schwester von 1573.
Sie wurden beide im Jahr 1764 (1769?) eingeschmolzen.

Pfr. Krause berichtete 1901: „.... ein durch Alter und Schönheit wertvoller, starkvergoldeter Messkelch, der aus der Zeit von 1450-1470 stammt und noch jetzt im steten Gebrauche als Abendmahlkelch ..... Er trägt die Inschriften JESUs Maria hilf. Gott hilf“.
Im Bericht heißt es weiter: „Die Reformation wurde nach alten, jedoch nicht gleichzeitigen Nachrichten schon 1522 durch den Besitzer des Rittergutes, Wedel von Draschwitz .. .. hier eingeführt“. Diese Aussage ist unrichtig, denn unser albertinischer Herzog Georg von Sachsen sperrte sich in seinem Machtbereich. So ist das Jahr 1539 gesichert. Pfarrer Simon Acker, von 1522 bis 1549 hier im Amt, war der ausdrücklich genannte letzte katholische und erste evangelische Pfarrer zu Wiederau.

Unsere Kirche bezeichnete man im Jahr der Reformation 1539 als der Superintendentur Pegau zugehörig. Kirchenzugehörigkeiten bestanden damals, im Gegensatz zu heute, in sehr starrer Form, was damit als eines der vielen Beweise der alten Pegauer Kirchenherrschaft angesehen wird. Ebenfalls wurden von Pegau oder Wiederau bis in die jüngste Zeit (1945) Pfarrer, Kantoren, Schullehrer und christliche Gemeinschaften, z.B. die Gustav-Adolph-Stiftung, Frauenhaus, Spendenangelegenheiten, miteinander ausgetauscht.

1539 bestand das Pfarrlehn zu Wiederau aus 2 Hufen Landes (ca. 13,25Hektar) ,5 Acker zur Trift, 5 Acker Weiden und 2 Acker Holz. Das Inventar nennt 2 Kelche, 1 kleines Kreuz,
2 Pacifial „(mit religiösem Bildwerk geschmückte Täfelchen, die vor der Kommunion zum Kuss gereicht wurden)“.

Pfr. Andreas Herrmann ließ 1581 ein heute noch vorhandenes Taufbecken mit zwei Henkeln (Inschrift auf dem Rand: „Anno Domini 1581“) anfertigen, was in einem ältesten Taufstein 10) eingelassen war, diesen es nicht mehr gibt.

Der 30-jährige Krieg brachte für das Pegauer Amtsdorf Wiederau die härtesten Drangsale.
Nach dem Tod König Gustaf Adolf von Schweden bei Lützen-Breitenfeld und dem Separatfrieden Kurfürst Georg I. von Sachsen mit den Kaiserlichen war es kein Glaubenskrieg mehr. Gustaf Adolf´s Nachfolger, Bernhard Herzog von Weimar, stand nun den Kaiserlichen im Terror in nichts mehr nach. Dazu die Pest 1632-1639; Böhlen z.B. hatte nur noch um die 5 Einwohner.

Vielen von uns ist heute aus dem Gedächtnis, dass ab dem Jahr 1656 das Amt Pegau mit seinen Amtsdörfern, bis kurz vor Zwenkau (heutiger Pegauer Platz), nicht zu Sachsen gehörte.
Die Verwaltung war die Sekundogenitur Sachsen-Zeitz. Diese fiel durch Aussterben der männlichen Linie im Jahr 1718 vertragsgemäß an Kursachsen zurück, der Zeit unseres August des Starken.
Es hatte aber auf unsere Kirchen- und Bistumszugehörigkeit keinen Einfluss gehabt.

Innerhalb der Kirche vor dem Altar wurden lt. privater Aktenlagen oder Überlieferungen in der Familie Kypke die Angehörigen der Patronatsherrlichkeit derer „von Pflugk“ und derer
„von Könneritz“ beigesetzt.

Der nördliche Kirchenanbau besteht zumindest seit der Zeit der Familie von Fletscher und wurde in den Kirchenakten von 1692 als „Fletscherische Capelle“ benannt.

Auf der Gruft steht die „Andachtshalle“.
:
(Das Kirchenbuch ab 1692 berichtet unter „registratura defunctorum“ 31) von 4 Beisetzungen innerhalb der Kirche bzw. in der „fletscherischen Capelle“, und zwar:
-„das hochwohlgeb. Fräulein Johanna Amilia Pflugkin … ist den 20.May 1695 ... in hiesiger Kirche beygesetzt, ... Alters 18 Jahr 2 Wochen und 6 Tage.“ und
-„des Hoch Wohlgebohrenen ... Thomas August von Fletschers auf Crossen ... Fräulein Johanna Augusta …. ist den 11.April 1713 ... verstorben, und .... in der hiesigen Fletscherischen Capelle beygesetzet worden, ihres Alters 34 Wochen und 2 Tage.“ und
-„der Hoch Wohlgebohrenen Herrn Carl Erdmann Bosens ... jüngster Herr Nahmens
David Carl Gottlieb ist den 9ten February 1719 verstorben und ..... in die hiesige Fletscherische Capelle beygesetzet worden, seines Alters 26 Wochen und 4 Tage.“ und
-„der .... Daniel von Fletscher, Erb- Lehn- und Gerichts- Herr auf Wiederau .... und Kirchen Patron ... ist den 3.Dec. 1724 ... in hiesiger Kirche beygesetzet worden, seines Alters 35 Jahre 2 Monath und 3 Tage.“)

Pfarrer Magister Christian Friedrich Börner war für seine Gemeinde ein tatkräftiger, beharrlicher Mann gewesen. Im Jahre 1699 geschah Gott zum Lobe und der Gemeinde zur Freude der Start zum Umbau unserer Kirche St. Johannis zu Wiederau, unter dem Patronat des fördernden und finanzkräftigen Leipziger >Geheimden Rats< David von Fletscher, gleichfalls der Bauherr des Schlosses Wiederau.

Am 2. Oktober 1701 ist im Traubuch zu lesen „Meister Christoph Heinrich Mehlhorn, Bürger und Richter zu Röthau... ist mit Frauen Marien, Hans Nicolaus Müllers hinterbliebenen Wittliben ... getrauet worden. Diese sind die letztgewesenen, welche vor dem alten Altar annoch getrauet worden, weil derselbe folgenden Tags darauff eingerißen worden und der Anfang zu dem neuen Altar gemacht worden.“

Die Fletscherische Kapelle an der Nordseite erhielt eine aufgesetzte Patronatsloge.
Auf den romanischen Kirchturm wurde als krönender Abschuss ein erhöhter achteckigen Turm mit Laterne und geschwungener Haube im barocken Stil aufgesetzt.

Ein ehemaliges Portal auf der Südseite lokalisiert sich anhand eines Sockels, es wurde zugemauert und überputzt. Sein Gewände soll aus rotem Rochlitzer Quarzitporphyr bestehen; rot, die Farbe des Blutes , d. h. wenn man in die Kirche tritt, „man geht ins Leben“ ein.
Dieses Portal ist ein Hinweis auf das hohe Alter unserer Kirche. In bauwissenschaftlichen Publikationen wird die Ansicht vertreten, dass die romanischen Chorturmkirchen stets über den nach Süden liegenden Haupteingang betreten wurden.

Mitten in der Baustelle erhielt am 9.Nov. 1703 Martinus Gutschebauch die heilige Taufe: „Dieses Kind ist das erste, so bey der geschehenen Kirchen-Reparatur aus dem neuen Tauff-Steine ist getauffet worden“. Dieser hier stehende Taufstein aus Lindenholz besitzt die Form eines Buckelpokals.

Zu Exaudi, zwischen Ostern und Pfingsten, 1704 geschah die Kircheinweihungspredigt bei volkreicher Versammlung in Anwesenheit des Patrimonialherren David von Fletscher.
Die Predigt hielt der Pegauer Superintendent Pfr. D. Carl Andreas Redel; sie wurde in Eisenberg / Thür. gedruckt. Pfarrer Börner trug im Kirchenbuch akribisch den genauen Ablauf der Feierlichkeiten ein. Dieser berichtet auch über die „neue Cantzel / Altar und Taufstein / auch Herren Stuhl / Schüler Chor / Sacristey / Porkirchen / Mannes- und Weiber Stühle / Decke / Thüren und Fenster / und also inwendig alles neu aufgeführet.“
Die Schrift auf dem Medaillon an der Kanzelbrüstung verkündet uns: „Wir haben ein festes prophetisches Wort und ihr tut wohl, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht“ Petr. 2 V. XIX

In der Kirche konnte die angewachsene Gemeinde im Langhaus und auf den erstmaligen Emporen Platz finden, und sich die Gemeinde, der Pfarrer, und das Patronat des Neubaues erfreuen.

Aber Freude und Leid liegen oft eng beieinander.
Das alte Pfarrhaus, Pfarrer Krause schrieb 1901: „aber bei weitem nicht das älteste“, wurde „am Montag Rogate dem 14.Mai 1703“ (diese Datumsangabe ist überprüft und richtig!) durch Blitzschlag eingeäschert. Dabei verbrannte der Familie Börners und des Dienstpersonals gesamte Habe, und ... das gesamte Pfarrarchiv mit.

Aber die in der Kirche befindlichen, zumindest ein angekohltes Buch im heutigen Pfarrarchiv und das von Pfr. Christian Friedrich Börner neu angelegte Tauf-, Trau und Sterbebuch von 1692 an bis 1799, was in den letzten Seiten Brandspuren aufzeigt, konnte gerettet werden.

Obwohl Pfr. Christian Friedrich Börner nun „arm wie eine Kirchenmaus“ war, zeugt die Eintragung im Kirchenbuch unter 1704 von seiner hohen christlichen moralischen Haltung.
Es: „Ist eine neue Altar Kanne anstatt der verbrannten, die im Brande bei der Pfarrwohnung mit draufgegangen, von dem Pfarrer Magister Christian Friedrich Börnern hier wiederumb verehret worden. Zu gleichen hat derselbe eine neue Weinflasche an statt der verbrannten der Kirche zum Andencken verfertigen lassen. Und haben Flasche und Kanne an 8 ¼ Pfund an Zinn gewogen. Noch weiter hat er noch eine neue Tauff-Kanne anstatt der verbrannten in die Kirche machen laßen, und ist sein jüngster Sohn Benedictus Friedrich daraus zum ersten Mahl getauffet worden.“

Der Neubau des heute noch bestehende Pfarrhauses 18) sollte aber von 1703-1722 , also ganze 19 Jahre andauern. Was muss die Pfarrerfamilie Börner und die Gemeinde damals ausgestanden haben! Dieses wirkte nach; eine der ersten Brandversicherungsscheine sind von 1802.

Im Jahr 1706 fertigte und verehrte der „Kirchvater und Zimmermann Lorentz Träucher ein schwarzes und versilbertes Kreuz zum Vortragen bei den Leichen“.

1708 schenkten „ein neues schwarzes und vergoldetes Cruzifix ..... der Mahler von Rom und (ein) Stuccator von Mayland, so beyde auf dem hießigen Hochadel. Fletscherischen Schloße gearbeitet...“ am 3.Mai (einem Donnerstag).

Am 7.Nov. 1712 stand bei einer Taufe als ein Pate Herr Christoph Gerlach, den der Pfarrer als Böttiger, Richter und Kirchenbauherr zu Wiederau benannte.

1720 wurde unter kräftiger Beisteuerung des Wiederauer Schulmeisters und Kantors Johann Andreas Dietmann eine erste Orgel eingebaut. Mit einiger Fantasie können wir uns vorstellen, dass sie Johann Sebastian Bach anlässlich seiner Wiederau-Aufenthalte bespielte.
Es ist aber nicht die Orgel, die wir hier sehen.

1750 ereilte Wiederau das vorangegangene Schicksal des Pfarrhauses, ein Großteil des Dorfes fiel einer Feuersbrunst zum Opfer. In dieser Zeit häufig genannte Familiennamen Wiederaus waren: Höllenriegel, Rosenlöcher, Knorr, Rinnewolff, Mohrenz, Seifferth, Menge.

Johann Christian Reichsgraf von Hennecke veranlasste für die Kirche eine im Zeitstil entsprechende Ausmalung, die von im Schloss zu Wiederau tätigen italienischen Künstlern ausgeführt wurde. So spendete am Sonntag Rogate 1740 Kirchenpatron Johann Christian von Hennecke dem Altar zwei Leuchter „aus guten englischen Zinn“ und das „neue Cruzifix, stark .... vergoldet mit einem Postament, worauf Apostel Johannes und (Mutter) Maria unterm Creütze stehen ...“ anlässlich eines Gottesdienstes. Das Altargemälde stellt das Heiligen Abendmahl dar.

Die drei Engel an der Decke des Kirchenschiffes, die das Spruchband „heilig, heilig, heilig ist nur Gott der Herr Zebaot“ halten, werden italienischen Künstlern des Schlosses Wiederau (nach 1704 und vor 1740?) zugeschrieben. Die Engel symbolisieren den dreieinigen Gott.

Der Andachtshallenanbau auf der Gruft steht nicht im Zusammenhang mit dem Kirchenumbau 1699/1704. Entsprechend des ältesten bekannten Bildes unserer Kirche und aus der Aktenlage erfolgte dieser nach 1740. Ab 1740 und spätestens bis zum Herbst 1744 ließ Johann Christian von Hennicke an der Südseite der Kirche ein, als am 20.Febr. 1745 „neuerbautes Freyherrliches Erb-Begräbnis“ 31) eben bezeichneten obergeschossigen Anbau errichten. Dieses geht eindeutig aus dem Kirchenbuch hervor.

Das ehemals reichlich lichtspendende Kirchfenster zum Altarraum wurde durch das Dach der „Andachtshalle“ verbaut. Deshalb befand sich bis 1930 auf der Andachtshalle ein großes vertikal im Dachstuhl stehendes Fenster im ähnlichen barocken Stil, wie diese der Patronatsloge, zur Lichtspende. Dieses Dachfenster wurde bei der gesamten Dachreparatur 1930 entfernt.

In die heutige Gruft, dem „neuerbauten Freyherrlichen Erb Begräbniß“, wurden nach 1744 bis 1799 sieben erwachsene Personen gebracht:
- am 22.Febr. 1745 ...“Frau Margaretha Sophia geborene von Schönberg, .. Herrn Friedrich August Freyherrns von Hennicke ... Frau Gemahlin .. alters 21 Jahre“ im „.... neuerbauten Freyherrl. Erb-Begräbniß beygesetzet...“ und
- am 11.Juli 1749 ...“Gräfin ... Sophia Elisabeth eine gebohrene von Götzen.“ des „Herrn Johann Christian … von Hennicke ... hertzl. geliebete Frau Gemahlin .. alters 62 Jahre
2 Monath und 14 Tage“ und „... in das neuerbaute Hochgräfliche Erb- Begräbnis allhier
gebracht und beygesetzet ...“ und
- am 13.Juni 1752 ...“der Hochwohlgebohrene Herr... Johann Christian ... Graf von Hennicke ... alters 66 Jahr 11 Monath und 25 Tage .. in das Hochgräfliche Erb-Begräbniß gebracht worden.“ und
- am 16.Mai 1753 ...“Gräfin ... Wilhelmina Hyppolita vermählte Reichsgräfin von Hennicke, eine gebohrene von Berlepsch, ...des Herrn Friedrich August ... Grafen von Hennecke /Zusatz fehlt: „hinterlassene“/ Gemahlin, .... alters 29 Jahr und 3 Monath gebrachten Alter ... in das Hoch- Gräfliche Erb- Begräbnis allhier gebracht ..“ und
- am 16.Dec. 1753 ...“Herr Friedrich August ... Reichsgraf von Hennicke ... in einem auf
33 Jahr 9 Wochen und 2 Tage gebrachten Alter ... in das Hochgräffl. Erb- Begräbniß allhier gebracht ...“ und
- am 18.Jan. 1789 ...“Frau Christiana Sophia … Gräfin von Hennicke .. des Herrn Ober Küchenmeisters Herrn Gottlob Erich von Berlepsch .. Frau Gemahlin .. im 42. Jahre ... in das Hochgräffl. Erb-Begräbniß ...“ und
- am 5.Jan. 1798 ... „Herr Gottlob Erich von Berlepsch .... Ober Küchenmeister .. in einem auf 63 Jahr 9 Monathe gebrachten Alter ... in das hiesige Erb Begräbniß gebracht worden.“

Bei der Öffnung der Gruft im Jahr 2003 wurden 6 Särge festgestellt. Zwei davon gehören dem Ehepaar Kypke, deren Identität durch gravierte Metalltafeln aus Zinkblech gesichert ist:
- Christiane Elisabeth Kypke geborene Wüsthof, geb. 19.Aug. 1764 nicht in Wiederau, gest.
27.Okt. 1811 in Wiederau (KB-Sterbeeintrag, übereinstimmend mit Schild am Sarg).
- Friedrich Christian Kypke, Sekretär des Oberküchenmeisters von Berlepsch, geb. 2.Juni 1763 nicht in Wiederau, verh. 21.Mai 1790 in Wiederau mit Christiane Elisabeth geb. Wüsthof, gest. 2.Nov. 1813 in Wiederau (KB-Sterbeeintrag, übereinstimmend mit Schild am Sarg).

Der sich seiner einfachen Herkunft bewusste Johann Christian Reichsgraf von Hennecke wählte bereits vor dem Tod seinen Leichentext aus: –Psalm 71, 6-8, der da lautet:
„Auf dich habe ich mich verlassen von Mutterleibe an. Ich bin vor Vielen wie ein Wunder, aber du bist meine starke Zuversicht. Laß meinen Mund deines Ruhmes und deines Preises voll sein täglich.“

1764 (nach anderer Quellenlage 1769?) 10) wurden die Glocke „Gloria S. Mariae“ von 1507 und die kleine 1573 bei Peter Mylich in Zwickau gegossene Schwester eingeschmolzen, da zumindest eine gesprungen war. 1776 wurde eine erste Kirchturmuhr eingebaut.

Ein erneuter Kirchenumbau geschah im Jahr 1796. Eine bereits vorhanden gewesene Patronatsloge könnte da umgebaut und zu einer erweiterten Loge mit größerer Öffnung zum Altarraum 13) aufgebaut worden sein. Zu dieser Zeit wurde Herr August Michael Göhring, „Churfürstl. Sächs. Ambtsmaurermeister in Wiederau“ erwähnt, der am 20.8.1790 sein Kind taufen lässt und am 11.10.1796 als ein Pate steht.

Aus was bezog 1807 die Kirche ihre Einnahmen?
I. Vorrath: Aussenstände, Interessen, II. Wiesenpacht, III. Kuhzins, Schafzins, IV. Wachszinsen, V. Fleischzinsen, VI. Cymbel Geld, VII. Büchsengeld, VIII. Stuhlgeld, IX. Holzgeld, X. Erledigte Capitalia, XI. Besondere Einnahme
Zu den Einnahmen kamen 1810 hinzu:
X. aus dem Klingelbeutel, XI. aus dem (Tauf)Becken, XII. bei Verlobungen und Hochzeiten
XIII. bei Kindtaufe, XIV. Leihen, XV. Grabstellen und Leichentücher, XVI. von verbüßten Kirchen Ständen, XVIII. von Vermächtnissen, XIX. von Kirchenstrafen, XX. Insgemein

Und aus was bestanden 1807 ihre Ausgaben?
I. Ausgeliehende Capitalia, II. Kirchenbau, III. Pfarrbau, IV. Schulbau, V. Brandcasse
VI. Besondere Ausgaben, VII. Allgemeine Ausgaben
Aber auch wieder andere Ausgaben:
II. Hostien, Wein, Wachs, III. Immobilien-Brandversicherung, IV. Pfarrwitwenzinsen, VIII Besoldung der Pfarrer, IX. Besoldung der Schullehrer, Kirchväter und Calkanten, X. Zur Ergänzung und Vermehrung der Inventarii

Zur Neuausstellung der Brandcassascheine im Jahr 1819 folgten möglichst genaue Wert- und Angaben. Daraus angegeben wurden:
- Kirchengebäude, Thurmgebäude, „Sacristeigebäude“ „Über 100 Jahre alt, gut erhalten“
- das Erbbegräbnisgebäude „über 100 Jahre alt, gut erhalten“ 350Th. , 220Th. expl. der Gruft“
- das herrschaftliche Kapellengebäude nebst an und überbauten Treppen und Bahrengebäude
„über 100 Jahre erhalten, gut, Wert 270 Th. + 75Th.
- Turmanbau: über 100 Jahre alt, mit Emporen, Bänken
- Altar mit Kanzel, steinerner Tisch: über 100 Jahre alt
- Taufstein: über 100 Jahre alt (Anm.: kein „Taufstein“, dieser ist aus Lindenholz!)
- Orgel: 17 Jahre alt (war diese erst erneuert ?!)
- Glocken 72 Jahre alt (d.h. die Vorgängerglocken sind von 1764:
- große Glocke 1 ½ Ellen Durchmesser 6 ½ Zentner schwer, etwas gesprungen
- kleine Glocke 22 ½ Zoll Durchmesser in gutem Zustande
- Kirchturmuhr 62 Jahre alt in gutem Zustande (d.h. von 1776)

Über die älteste Dorfschule in der Pfarrgasse wurde 1819 berichtet. Es hat:
- das Wohngebäude mit untergebautem Keller „über 80 Jahre alt
- das Stallgebäude 53 Jahre alt in gutem Zustande
- das Scheunengebäude 66 Jahre alt
- das Backgebäude 56 Jahre alt

Was stand im Besitz einer Pfarrerfamilie aus Kirchgemeindeeigentum?
Dieses war entgegen landläufigen Meinungen äußerst bescheiden. Einige Gegenstände Pfr. Roßtäuscher´s waren: 1 Quirl, 1 Backform, 1 Nudelholz, 5 Holzlöffel, 1 Topf, 1 Stubenbesen, 1 Reisigbesen, 2 hölzerne Heugabeln, 1 Sense, 1 Ochsengeschirr, 1 Rechen, 1 Spaten, 1 Schaufel, 1 Tintenfaß, 1 Kuchenbrett, 2 Mausefallen usw. .

Beginnend im Jahr 1831 bis 1836 wurde die Kirche wieder außen und innen erneuert.
Der Kirchenvorstand entschloss sich 1830 das barocke Orgelwerk von 1720 ersetzen zu lassen. Den Auftrag erhielt die Orgelbauwerkstatt von Urban Kreutzbach in Borna mit einer Vorauszahlung von 153 Thalern 8 Groschen: „Dem Orgelbauer Kreuzbach, als verwilligter Beitrag zum Orgelbau lt. Vertr. No.9; nur 150th Kirchenbeitrag zur neuen Orgel erwilligt worden, so sind 3th 8gr Vorschuss für die Gemeinde.“Die Gesamtkosten betrugen 464 Thaler Preussische Courent

Im Jahr 1865 war nach 165 Jahren die Reparatur des Kirchturms einschl. des Turmknopfes sowie 1867 die „Kirchturmuhr über 100 Jahre alt“, fällig.

Im Deutschen Kaiserreich bzw. im Königreich Sachsen ordnete man die Supturbezirke neu: Wiederau kam 1879 nunmehr zur Superintendentur Borna.

Im Jahr 1891 leistete sich die Gemeinde von der Firma Jauck zu Leipzig für 3000.- Mark drei neue Glocken (1225kg = 24 ½ Zentner schwer) in der Tönung F-Dur, die unter der Einschmelzung der 2 Glocken von 1769 möglich wurden 24). 1892 baute die Firma Zachariä  zu Leipzig für 900.- Mark eine neue Turmuhr ein, die heute noch uns die Zeit anzeigt.

Das Fenster aus Buntglas im Jugendstil zum Altarraum an der Südseite der Kirche wurde 1908 von Adolphine Charlotte Friederike Mathilde von Holleuffer geborene von Benningsen-Förder, der Mutter des Conrad von Holleuffer, gestiftet.

Von 1927 bis 1930 wurde die Kirche unter Pfr. Richard Kläß grundlegend erneuert.

Für was für Aufgaben und für welche Bereiche war ein Wiederauer Pfarrer neben seinen bekannten Tätigkeiten noch zuständig?
Aus heutiger Sicht betrachtet sind das folgende Institutionen gewesen:
- für die Verwaltung: alles, wie bei einem Großbetrieb.
- für das Ordnungsamt: Einwohnerregister, Standesamt Taufen, Ehen, Beichten, Sittsamkeit,
Sterbefälle, Begräbnisse, Kirchen- und Friedhofsordnung
- für die Hygiene und die medizinische Vermittlung: wie bereits gesagt, für die Impfungen gegen Seuchen, für die Hebamme, für die Leichenfrau (Heimbürgin)
- für die Bildung, Erziehung und Kultur: als oberer Dienstherr über den Schulmeister bzw. über
den Katecheten, Lehre, Gemeindezusammenkünfte, Begehung christlicher Feste
- für die christlich-gelebte Moral: als Schlichter bei Ehestreitigkeiten, Kindervernachlässigung, Lebensmittelversorgung, Armut
- für die Musik: als oberer Dienstherr über den Kantor betr. Musik- und Liederordnung
- für den Bau: Dienstherr über die Wege- und Brückeninstandsetzungen der kircheigenen Wege, Kirche, Pfarrhaus, Schule, zusammen mit der Gemeinde über das Armenhaus
- für die Grundherrlichkeit: Wälder, Wiesen, „eiserne Kühe und Schafe“ (ständig stehende Tiere, Kirchlehen, Kirchschullehen, Eigenwirtschaftung. So kam es durchaus vor, dass ein Pfarrer von eigenverrichteter Feld- oder Gartenarbeit gerufen wurde. Mit seiner schnell überzustreifenden Robe war er fix zu Stelle.
- für das Recht: juristische Absicherung für Pfarrwitwen- und Waisen, oftmals als Zeuge in
zivilen Angelegenheiten.

Wo wurden unsere Wiederauer Pfarrer beerdigt?
Fast alle Pfarrer in der sog. „geistlichen Reihe“, rechts des Kircheneingangs. Hier standen noch bis weit nach 1930 zwei an der Außenwand befestigte Grabsteine im barocken Stil, die noch lange auf dem Friedhof lagen. Der letzte beerdigte Pfarrer war Pfr. Walter Mrosack 1942, auf dessen Grab ein Busch steht und dessen Grabkreuz Efeu umwächst.

Noch 1943/44 wurden die drei Kirchenglocken requiriert und zu Munition umgegossen, und dafür ein verhöhnendes Handgeld gezahlt. Desgleichen war bereits am 15. Febr. 1943 mit den Blitzableitern aus Kupfer der Kirche und des Pfarrhauses für Kriegszwecke geschehen.
Auch der Eisenzaun vor dem Pfarrhaus sollte daran glauben; der Pfarrer ließ die Hecke durchwachsen und so wurde der Zaun nicht mehr gesehen.

Im Frühjahr 1957 gelang es der Kirchgemeinde unter Entbehrungen drei neue Glocken aus Stahlguss aus der Glockengießerei Schilling & Lattermann in Apolda, zu bekommen. Sie wurden feierlich auf einem Pferdefuhrwerk durch die zu Wiederau gehörigen Kirchgemeinden gefahren.

Nach einer Einschätzung von 1967 galt der bauliche Zustand der Kirche als sehr bedenklich.
Material war schwer oder nicht zu bekommen. Dies zeigt die Tatsache, dass von unserer Partnergemeinde Handeloh in der Lüneburger Heide eine Lieferung Zinkblech für die Dachrinnen an der Grenze scheiterte.

1989 stürzte die Turmbekrönung ab und 1991 brach aus der Laterne ein tragender Balken, was unserer Kirche fast den Garaus machte. Dies war eine schlimme Zeit.
Ab 1992 bis 1996 konnte die Kirche endlich wieder grundlegend saniert und restauriert werden. Die Bedachung, die dem Original nachempfundene innere Ausmalung so wie 1704, das Dach und der äußere Anstrich, die Turmlaterne und der Turmknopf mit Wetterfahne waren die Hauptarbeiten. Am 27.Oktober 1997 feierten wir das Kirchweihfest unserer Kirche St. Johannis zu Wiederau.
Uns zur Freude und Gott zur Ehre sind in den letzten Jahren unter stetem Zulauf immer mehr Jugendliche konfirmiert und Hochzeiten abgehalten worden.

Jetzt ist unser Gemeinderaum, Küche und ein Sanitärraum im ehemaligen Pfarrhaus grundlegend erneuert; weitere Räume folgen bereits.

Unsere Kreuzbachorgel ist 2007 grundlegend restauriert wurden und hat ihre ursprüngliche Stimmung erhalten.

Derzeitig besteht unser Kirchenvorstand aus: Pfarrerin Barbara Hüneburg, Großdalzig
aus Wiederau: Magdalena Hager, Renate Littmann, Veronika Raschke
aus Rüssen-Kleinstorkwitz mit Döhlen: Gerdi Eckersberg, Andrea Gutsche, Ursula Rosenkranz, Helmut Schroth, Michaela Winderlich.
Helga Heller aus Großstorkwitz war unsere langjährige Katechetin.

Ihnen unseren besonderen Dank.

Gert Rosenkranz


Die Quellenangaben können im Pfarramt Großdalzig abgefragt werden.

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